Opfer häuslicher Gewalt in der Notaufnahme behandeln

Der Ente Ospedaliero Cantonale (Tessiner Verbund der öffentlichen Spitäler) hat eine Strategie zur Standardisierung des Managementprotokolls, zur Schulung des Gesundheitspersonals und zur Stärkung der Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Institutionen entwickelt.

  1.  Erstellung eines Protokolls im Jahr 2021 (Allegato 1), das von allen vier Notaufnahmen des Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) verwendet wird und von Ärzt*innen und Pflegefachpersonen in jedem gemeldeten oder mutmasslichen Fall von häuslicher Gewalt auszufüllen ist. Das Formular enthält alle notwendigen Anleitungen für eine korrekte Dokumentation des Sachverhalts (Bericht über den Übergriff, der dem Opfer auszuhändigen ist, falls es Anzeige erstatten möchte; Fotobeweise allfälliger Verletzungen) sowie alle nützlichen Hilfen für das konkrete Fallmanagement durch das Gesundheitspersonal (Kontakte Übersetzung; Kontakte betreute Unterkünfte; Risikostratifizierung für die Aufnahme/Entlassung; Umgang mit Opfern sexueller Gewalt);
  2. Einrichtung eines anonymisierten Registers der Fälle, die in die Notaufnahme kommen, um das Ausmass des Problems im Kanton zu erfassen.
  3. Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die alle drei Monate zusammenkommt, um die Opferbetreuung zu verbessern. Dabei wirken Gesundheitsfachpersonen wie auch andere Fachpersonen mit. Derzeit setzt sich die Gruppe zusammen aus: 1 Ärtz*in und 1 Pflegefachperson aus jeder der vier Notaufnahmen des EOC, 2 Vertreter*innen betreuter Unterkünfte des Kantons, 1 Vertretung des Dienstes zur Unterstützung der Opfer von Verbrechen, 1 Hausärzt*in, 1 Kinderärzt*in des EOC. Voraussichtlich in den nächsten Monaten: 1 Gynäkolog*in und 1 Vertretung der örtlichen Privatkliniken;
  4. Projekt zur obligatorischen Schulung des Gesundheitspersonals in der Notaufnahme. Seit 2022 wird ein theoretischer Teil angeboten (der in Kürze auf E-Learning umgestellt werden soll): Elemente der Opferfrüherkennung, klinisches Management, Umgang mit der sozialen Situation, Präsentation des gemeinsam verwendeten Protokolls, Betrieb von betreuten Unterkünften und Dienst zur Unterstützung der Opfer von Verbrechen sowie gesetzliche Grundlagen. Seit 2023 gibt es einen ergänzenden praktischen Teil (Simulation) mit Hilfe eines Schauspielers. Dies ermöglicht jungen Ärzt*innen und Pflegefachpersonen, in einem geschützten Rahmen die Erkennung von Opfern und den schwierigen Umgang mit der Situation – nicht nur auf klinischer, sondern auch auf emotionaler Ebene – zu üben;
  5. Bekanntmachung: erste kostenlose Abendveranstaltung für die Öffentlichkeit im Kongresszentrum Lugano im November 2023: Theater- und Tanzaufführung, gefolgt von einer kurzen Diskussion mit Expert*innen zum Thema. Der Abend soll als Sprungbrett für eine Werbekampagne dienen, um die Notaufnahme als sicheren Ort bekannt zu machen, an den sich die Opfer wenden können, unabhängig davon, ob sie bei den Behörden Anzeige erstatten wollen oder nicht.

Letzte Änderung: 30.10.2023

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